Absage an die jüdische Identität

Danke Konstantin, für diesen Artikel zu Shlomo Sands neues Buch!

Ich finde den Standpunkt von Shlomo Sand überaus berechtig und auch richtig. Er darf sich, als gebürtiger Österreicher, auch fragen, wieso er nicht wählen konnte wo er leben will und welcher Religion er angehören will, da er bereits als Kind nach Israel kam und seine polnischen Eltern in Österreich landeten, wo er zur Welt kam. Gingen also dadurch seine „österreichischen“ Wurzeln verloren, oder sind sie es, die ihn zu einem Freidenker machten?

Wurzeln, woher kommen die überhaupt, gibt es eine Prägung durch das Geburtsland (Nation) ich denke ja, denn nichts ist einprägsamer in das gesamte Sein eines irdischen Menschen, als der Ort der Geburt, darauf beruht ja auch die Astrologie, welche mehrere tausend Jahre alt ist und zu Beginn von den Chinesen überliefert wurde, daher auch Anerkennung verlangt.

Ich stelle diese Überlegungen an, weil wir ein massives Nationen-Problem mit den Einwanderern haben. Ist es nicht auch merkwürdig, dass man sich als Volk einer Religion „Jude“ bezeichnet. Das wäre geradezu so, wie wenn man sagen würde „mein Volk ist Katholik – wir sind die Katholen“. Eine Religion hat doch nichts mit einer Rasse zu tun… Nun stellt sich gleich eine weitere Frage, was prägt mehr, der Geburtsort oder die genetische Veranlagung der rassischen Abstammung?

Das waren einige Gedanken, zu diesem Thema und durchaus auch diskutierenswert, bzw. zu erforschen was, wie wirklich ist, finde ich. Shlomo Sand hat mit seinen Büchern offenbar bedeutende Schritte in diese Richtung getan, man darf also gespannt sein, was dieser Mann uns noch alles vorlegt 🙂

AnNijaTbé am 12.5.2014


 

Israel Absage an die jüdische Identität

Shlomo Sand: „Warum ich aufhöre, Jude zu sein“

Von Klaus Hödl

Chassidische Juden bereiten sich auf Rosh Hashanah vor, das jüdische Neujahrsfest.

Das jüdische Volk definiert sich über seine Religion. Wer nicht religiös sei, könne demnach kein Jude sein, meint Shlomo Sand. (picture alliance / dpa / Smirnov Vladimir)

Shlomo Sand setzt sich nicht zum ersten Mal kritisch mit dem jüdischen Volk auseinander. Die Erkenntnis, dass es sich dabei nicht um eine homogene Gruppe handelt, ist aber nicht neu. Seine Argumente gehen über die in früheren Publikationen leider nicht hinaus.

Judentum ist eine Religion. Darüber hinaus aber auch eine Kultur und ein Volk, je nachdem, wie weit man den Begriff dehnen möchte. Aber was genau macht einen zum Juden, wenn man nicht religiös ist? Ist es, wie beispielsweise bei den Deutschen, die Sprache, die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kultur oder einem Land?

Das ist die zentrale Frage, die sich Shlomo Sand stellt und gleich zu Beginn seines Buches beantwortet:

„Der Staat Israel definiert mich nicht als Juden, weil ich eine jüdische Sprache spreche, jüdische Lieder singe, jüdische Speisen esse, jüdische Bücher schreibe oder irgendeiner anderweitigen jüdischen Aktivität nachgehe.

Ich gelte nach Ansicht des Staates als Jude, weil er meinen Stammbaum durchstöbert und sich vergewissert hat, dass meine Mutter jüdisch ist, weil meine Großmutter es auch war, was wiederum meiner Urgroßmutter zu verdanken ist, und so weiter bis ans Ende der Ahnenreihe.“ (S. 12)

Mit dieser Bestimmung von Jude-Sein will sich er allerdings nicht abfinden. Er meint, dass die Kultivierung einer nichtreligiösen jüdischen Identität ethnozentrische, mehr oder weniger rassistische Standpunkte fördere. Davon distanziere er sich; stattdessen wolle er sich fortan als Israeli bekennen.

Er nennt auch einen ganz pragmatischen Grund für die Änderung seiner Identitätsbezeichnung, nämlich den Umstand, dass es keine „tatsächlich praktizierte nichtreligiöse jüdische Kultur“ gebe. Als säkularer Mensch könne er somit nicht jüdisch sein.

Gerichte urteilen schon über die Frage des Jüdisch-Seins

weiterlesen:  http://www.deutschlandradiokultur.de/israel-absage-an-die-juedische-identitaet.1270.de.html?dram:article_id=272749


 

„Nationale Ursprünge sind immer imaginär“

Der Historiker Shlomo Sand im Gespräch mit Erich Klein über sein Buch Die Erfindung des jüdischen Volkes, seine Herkunft und das Existenzrecht Israels.

RECHERCHE Ihr Buch Die Erfindung des jüdischen Volkes wurde in Israel zum Bestseller, in Frankreich wurde es ebenso heftig diskutiert wie in England und den USA. Zugleich waren Sie vehementer Kritik ausgesetzt: Es wurde behauptet, dass Sie mit der Thematik nicht ausreichend vertraut seien. Haben Sie außerdem keine Angst vor Applaus von der falschen Seite – ganz besonders in Europa?

SHLOMO SAND Um Letzteres kann ich mich nicht kümmern. Aber das Institut für Jüdische Geschichte leidet sehr unter mir. Die Existenz des jüdischen Volkes in Frage zu stellen, war zu viel für sie –  jetzt haben sie begonnen, zurückzuschlagen. Ich kann es ja verstehen, trotzdem haben sie den Kampf verloren. Das Buch stand in Israel 19 Wochen auf der Bestsellerliste. Was die bekannten Kritiker betrifft – Simon Schama hat mich in der Financial Times angegriffen, in Italien sprach er sich hingegen für mein Buch aus.

In Forward, der berühmten jüdischen Zeitung in den USA sind Tony Judt und Eric Hobsbawm für mich eingetreten. Hobsbawm nominierte es als Buch des Jahres, worauf ich besonders stolz bin. Dasselbe machte Terry Eagleton. Die Financial Times kritisierte mich, als ich eine Antwort schrieb, wollten sie diese nicht publizieren. Sie schlagen zurück und kämpfen – und sie tun gut daran, aber niemand konnte bislang meine Frage beantworten: Warum gab es in der Geschichte ein jüdisches Volk, und warum gibt es das jüdische Volk heute? Niemand hat darauf eine klare Antwort gegeben. Und deshalb stelle ich diese Frage noch einmal. Können wir von einem jüdischen Volk für tausend Jahre sprechen, und können wir heute von einem weltweiten jüdischen Volk sprechen?

weiterlesen:  http://www.recherche-online.net/shlomo-sand.html