Marita Vollborn, Vlad Georgescu
Die Viren-Lüge
Wie die Pharmaindustrie mit unseren Ängsten Milliarden verdient
Erscheinungsdatum: 29.08.2011
Flexibler Einband, 220 Seiten
Preis: 16.90 € (D) / 23.90 sFR (CH) / 17.50 € (A)
ISBN 978-3-446-42635-1
Hanser Verlag
Die Viren-Lüge: Sachbuch bringt Regierungen in Erklärungsnot
Jedes Jahr droht uns eine neue Epidemie. Doch ob bei EHEC oder der Schweinegrippe – die Seuchenbekämpfung der deutschen Behörden ist mangelhaft. Die Politik stellt viel zu wenig Geld für Forschung zur Verfügung. Sie überlässt das Feld der Pharmaindustrie, die sich lieber auf lukrative Krankheiten wie die Grippe konzentriert.
Die Autoren Marita Vollborn und Vlad Georgescu zeigen, welche Seuchengefahren ignoriert und welche aufgebauscht werden. Sie kritisieren, wie sehr die Politik am Tropf der Pharmalobby hängt – und weisen den Weg in eine Zukunft, in der Epidemien frühzeitig erkannt werden und Grundlagenforschung den Keimen ihren Schrecken nimmt. Lesen Sie einen exklusiven Buchauszug aus dem Werk “Die Viren-Lüge. Wie die Pharmaindustrie mit unseren Ängsten Milliarden verdient”, das jetzt im Carl Hanser Verlag erschienen ist.
Die Angst des Menschen vor Siechtum und Seuchen ist normal, die Unwissenheit der meisten Patienten in puncto Viren verständlich. Kaum ein anderes Gebiet der Medizin ruft so viele Ängste hervor und nur wenige Felder sind so komplex und voller diagnostischer Fallstricke wie die Virologie. Schon die Klassifizierung der Erreger erweist sich für Laien als Problem. Ist Milzbrand, vor dem sich schon Schulkinder fürchten, eine bakterielle Erkrankung – oder sind Viren am Werk? Sind Antibiotika gegen Viren wirksam? Bereits diese einfachen Fragen stellen viele vor Probleme. Doch wer kennt sich schon mit Viren aus, die bisher nur in weit entfernten Regionen aufgetreten sind und doch auch für uns zur tödlichen Gefahr werden können? Haben Sie beispielsweise schon von K9 gehört? Dass sich dahinter kein Himalaja-Gipfel verbirgt, werden Alpinisten auf Anhieb wissen – doch was hat es mit diesem geheimnisvollen Kürzel auf sich und stellt es für uns eine Bedrohung dar?
Noch weniger transparent wird die Materie, wenn es um Impfstoffe und Medikamente gegen Viren geht.
Gibt es Nebenwirkungen, und wenn ja, welche? Sind die Mittel ausreichend getestet, und wenn nicht, warum? Selbst Ärzte scheitern – trotz enormen Fachwissens – mitunter an den winzigen Erregern. Wer haftet im Fall einer unerwünschten Nebenwirkung oder gar beim Tod des Geimpften? Die niedergelassenen Ärzte schon mal nicht, oder haben Pharmahersteller doch Gesetzeslücken genutzt, um das juristische Risiko auf sie zu übertragen?
Wem man im Wirrwarr von Informationen, Patientenbroschüren und Wissenschaftssendungen glauben kann, lässt sich mit einem Wort beantworten: niemandem so richtig.Denn viele Publikationen sind von der Pharmaindustrie gesponsert, Interessenkonflikte vorprogrammiert. Nicht einmal die Ständige Impfkommission ist davor gefeit, stehen doch einige ihrer Mitglieder auf der Kooperations- oder Mitarbeiterliste der Pharmaindustrie.
Die Politik ist in die Machenschaften der Vakzinhersteller direkt involviert.
Geheimverträge mit den Bundesregierungen von Deutschland und Österreich, die der Öffentlichkeit vorenthalten werden, gehören zum Tagesgeschäft einer Industrie, die mit Vakzinen und Tabletten gegen Viren Milliarden scheffelt. Dass Impfstoffe unzählige Menschenleben retten können, steht außer Frage. Fraglich indes sind zum Beispiel die Methoden, nach denen entschieden wird, wer die Vakzine erhalten darf. Glaubt man der mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Organisation Ärzte ohne Grenzen, sind die armen Länder der Welt die großen Verlierer einer verfehlten Politik: Medikamentenhersteller stemmen sich mit aller Macht gegen Patentregelungen, die eine Produktion günstiger Nachahmerpräparate (Generika) ermöglichen – und gefährden Millionen von Menschenleben. Die Pharmaindustrie allerdings dementiert und verweist auf die Abgabe von Mitteln zum Discountpreis – wer hat Recht? Sind die Forscher von Big Pharma die Bad Guys? Und radikale Impfstoffgegner immer die Guten?
[…]Die zunehmende Ökonomisierung der Forschung in den Unternehmen trägt dazu bei, dass Entscheidungen ausschließlich nach dem Marktpotenzial der Therapeutika in spe gefällt werden. Ausgerechnet Viren erweisen sich dabei als Glücksfall für die Pharmaindustrie, denn ihre Ausbreitung lässt sich mithilfe von Computerprogrammen recht genau simulieren – längst entscheiden Workstations, nicht Menschen, wann eine Pille oder ein Vakzin entwickelt wird und wann nicht. Die Simulationen verbleiben keinesfalls in den Schubladen der großen Pharmaunternehmen. Auf internationalen Tagungen in Fünf-Sterne-Hotels präsentieren die Pharmaexperten leuchtende Grafiken und Zahlen – Adressaten der Multimediashows sind Vertreter der Gesundheitspolitik. Auch hierbei geht es um das große Geld: Ob ein Staat Millionen von Impfstoffdosen kauft, hängt davon ab, wie hoch die Kosten für das Gesundheitssystem im Fall einer unkontrollierbaren Seuche wären. Die Angst der Politik vor dem nicht nur biologischen, sondern auch finanziellen GAU ist der Antriebsmotor dieser Pharmastrategie.
[…]Es geht um Renditeerwartungen der Aktionäre, die Konzerne verstehen sich nicht als karitative Einrichtungen. Weniger verständlich ist das Handeln vieler unserer Volksvertreter – und dramatisch umfangreich die Liste der Fehlentscheidungen durch die Politik. Millionenbeträge aus den Kassen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) fließen beispielsweise an den deutschen Ableger des Schweizer Giganten Roche – der über einen eigenen jährlichen Forschungsetat in Höhe von knapp zehn Milliarden Franken verfügt. Universitäten wiederum, die eine unabhängige Arzneimittelentwicklung stemmen könnten, müssen sich oftmals mit niedrigen sechsstelligen Förderbeiträgen des Bundes begnügen – schon der Dienstwagen der Kanzlerin kostet mehr.
[…] Das größte Versäumnis der Politik ist jedoch etwas anderes: Deutschland verfügt über 105 ausgezeichnete Universitäten, mehr als 30 Universitätskliniken und hervorragende Forschungseinrichtungen – einzig an Geld für die intelligente Vernetzung und Aufstockung des Personals scheint es zu mangeln, wie wir in diesem Buch noch sehr ausführlich darstellen werden. Die „Vier-Gurken“-Analysemethoden von Bund und Ländern haben demonstriert, dass die politischen Entscheidungsträger alles andere als vom Fach sind. Fachfremdheit mag zu unserem politischen System gehören, in ernsten Situationen ist es jedoch nicht immer ausreichend, wenn ein Volkswirtschaftler wie Daniel Bahr neben seiner politischen Arbeit einen MBA in Health Care erworben hat. Der Philosophin und Theologin an der Spitze des Bundesforschungsministeriums wollen wir ebenfalls keinen begrenzten Horizont unterstellen, doch auch die Relevanz langfristig angelegter Grundlagenforschung erschließt sich leider häufig nur dem naturwissenschaftlich Gebildeten.
[…] Impfungen können Leben retten. Daher halten wir eine unabhängige Vakzinforschung in der Hand von Universitäten und staatlichen Großforschungseinrichtungen für unabdingbar,um der Pharmaindustrie einen echten Wettbewerb der Ideen bieten zu können. Ebenso unerlässlich wäre die Entfernung sämtlicher Mitarbeiter in staatlichen Zulassungsstellen,die auch nur ansatzweise mit der Pharmaindustrie verbandelt sind – es gibt genug innovative, unabhängige Köpfe, die an ihre Stelle treten könnten. Dass Steuergelder an Konzerne wie Roche keinerlei Berechtigung haben, ist ebenso fester Bestandteil unserer Analyse wie die Tatsache, dass es Geheimverträge zwischen Pharmaindustrie und Bundesregierungen schlichtweg nicht geben darf. Solange sich an diesen exemplarisch ausgesuchten Aspekten nichts ändert, werden die Mechanismen der Viren-Lüge weiter greifen. Von ihnen handelt dieses Buch.
Auszug mit freundlicher Genehmigung des Carl Hanser Verlags.
http://www.hanser-literaturverlage.de/buecher/buch.html?isbn=978-3-446-42635-1
Übernommen aus: http://www.readers-edition.de/2011/08/30/die-viren-luege-sachbuch-bringt-bundesregierung-in-erklaerungsnot/